„Sie stand immer für die Maybach-Werte“: Irmgard Schmid-Maybach stirbt im Alter von 98 Jahren

Mit freundlicher Genehmigung der Schwäbischen Zeitung: Online-Ausgabe vom 26. November 2021

Diese Nachricht sorgt nicht nur unter Maybächlern für große Trauer: Irmgard Schmid-Maybach ist am 21. November im Alter von 98 Jahren verstorben, in San Francisco, ihrer amerikanischen Wahlheimat. Als Enkelin von Wilhelm und Tochter von Karl Maybach stand sie stets für die Werte der Maybach-Familie und des Unternehmens Maybach-Motorenbau, das lange als MTU Friedrichshafen firmierte und heute Rolls-Royce Power Systems heißt.

Irmgard Schmid-Maybach wurde am 16. Oktober 1923 als viertes von fünf Kindern in Friedrichshafen geboren und hat im Graf-Zeppelin-Gymnasium ihr Abitur gemacht. Dass ihr Vater ein begnadeter Konstrukteur und der Chef eines bedeutenden Industrieunternehmens war, sei ihr als Kind nicht bewusst gewesen, hat sie einmal erzählt. „Der schafft beim Motorenbau“, habe sie als kleines Mädchen auf entsprechende Fragen geantwortet. Karl Maybach hat das Leben seiner Tochter geprägt, er war „ein ideales Vorbild“, sagte sie.

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„Vornehm, zurückhaltend, edel in der Haltung“ – so beschreibt eine Freundin Irmgard Schmid-Maybach. (Foto: RRPS)

Friedrichshafen und dem Motorenbau eng verbunden

Nach dem Krieg war Irmgard Schmid-Maybach als Assistentin und Fahrerin ihres Vaters tätig, bevor sie nach ihrer Hochzeit im Jahre 1957 mit ihrem Mann, dem Arzt Friedrich Wilhelm Schmid, in die Vereinigten Staaten zog, dort heimisch wurde und vier Kinder bekam. Zeit ihres langen Lebens blieb sie Friedrichshafen und dem Motorenbau eng verbunden. Als Miteigentümerin und Aufsichtsrätin gestaltete sie den Weg der MTU Friedrichshafen entscheidend mit, immer die sozialen und humanistischen Werte ihres Vaters und ihres Großvaters im Blick.

Sie war eine eindrucksvolle Frau.

Maria Neumann

„Vornehm, zurückhaltend, edel in der Haltung“ – so beschreibt Maria Neumann Irmgard Schmid-Maybach. „Sie war eine eindrucksvolle Frau.“ Neumann hat früher das Hauptsekretariat der MTU geleitet, über die Jahre ist zwischen beiden Frauen eine Freundschaft entstanden. „Sie stand immer für die Maybach-Werte“, erzählt Neumann und belegt dies mit einem Zitat von Karl Maybach. „Alle Menschen sind wichtig“, habe er immer gesagt. Auch derjenige, der den Hof der Fabrik kehrt. Er sei für den Erfolg des Unternehmens ebenso wichtig wie ein Ingenieur. Das Wohlergehen der Mitarbeiter und der Erhalt der Arbeitsplätze bei MTU seien Irmgard Schmid-Maybach immer ein großes Anliegen gewesen.

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Vater und Tochter: Karl Maybach und Irmgard Schmid-Maybach (Foto: Familie Schmid-Maybach)

Treibende Kraft hinter der Maybach-Museum-Idee

„Man muss weit laufen, um heute so eine Persönlichkeit zu finden“, sagt Siegfried Rehm vom Freundeskreis Maybach-Museum. „Eine feine Frau mit hoher Intelligenz, Charakter und Liebenswürdigkeit.“ Das Andenken an Wilhelm und Karl Maybach zu erhalten, sei ihr ein großes Anliegen gewesen. Als treibende Kraft hinter der Idee, ein Maybach-Museum zu schaffen, habe sie die Gründung des Freundeskreises mit Freude und Dankbarkeit aufgenommen. „Wir werden uns weiter für das Projekt oder eine angemessene Würdigung innerhalb des Zeppelin-Museums einsetzen“, sagt Rehm.

Sie war für mich eine hoch geschätzte Ratgeberin.

Andreas Schell, Vorstandsvorsitzender von Rolls-Royce Power Systems.

„Irmgard Schmid-Maybach hat sich weit mehr als nur für das Unternehmen interessiert, sie hat sich bis zuletzt dafür engagiert. Mit ihr verlieren wir nicht nur eine Persönlichkeit, die uns mit ihrem Wissen über die Branche und das Unternehmen immer wieder beeindruckt hat. Sie war für mich eine hoch geschätzte Ratgeberin“, sagt Andreas Schell, Vorstandsvorsitzender von Rolls-Royce Power Systems. „Irmgard Schmid-Maybach ließ uns die Kultur des von ihrem Vater Karl gegründeten Unternehmens besser verstehen. Sie wirkt bis heute nach“, so Schell.

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Opa und Enkelin: Wilhelm Maybach und Irmgard Schmid-Maybach. (Foto: Familie Maybach)

Über 20 Jahre im Aufsichtsrat

Von 1983 bis 1990 verwaltete Irmgard Schmid-Maybach die Anteile an der MTU Friedrichshafen GmbH, die ihr Vater seiner Familie vermacht hatte. Von 1984 bis 2006 war sie Mitglied im Aufsichtsrat, danach Ehrenmitglied auf Lebenszeit. Als Mehrheitseigner Daimler die MTU 2005 verkaufte, gab auch sie ihre Anteile ab. „Das war eine ganz, ganz schwere Zeit“, hatte sie rückblickend in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ gesagt.

„Sehr gerne erinnere ich mich an die persönlichen Begegnungen mit ihr. Sie waren stets von großer Herzlichkeit und wachem Interesse an allem, was in Friedrichshafen vor sich geht, geprägt“, würdigt Oberbürgermeister Andreas Brand die Verstorbene. „Irmgard Schmid-Maybach war eine verantwortungsbewusste, bescheidene und gradlinige Persönlichkeit mit einem ausgeprägten Bewusstsein für Familie, Tradition und Geschichte. Im Jahr 2010 wurde ihr daher für ihr Lebenswerk die Ehrenmedaille der Stadt verliehen. Ihr Engagement und ihre freundliche und Menschen zugewandte Art werden immer in Erinnerung bleiben.“

Hochzeit 1957: Irmgard Schmid-Maybach und Friedrich Wilhelm Schmid. (Foto: Familie Maybach)
Hochzeit 1957: Irmgard Schmid-Maybach und Friedrich Wilhelm Schmid. (Foto: Familie Maybach)
Das junge Paar am Flughafen: Irmgard Schmid-Maybach und ihr Mann Friedrich Wilhelm Schmid. (Foto: Familie Maybach)
Das junge Paar am Flughafen: Irmgard Schmid-Maybach und ihr Mann Friedrich Wilhelm Schmid. (Foto: Familie Maybach)
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Letzte Ruhe in Friedrichshafen

Trotz der großen Entfernung hat sich Irmgard Schmid-Maybach stets für das interessiert, was in Friedrichshafen vor sich ging. Dabei war sie auch immer im Austausch mit Andreas Gessler, ihrem Neffen und Verleger der „Schwäbischen Zeitung“, der für den Häfler Zweig der Familie steht, die nun ein wichtiges Mitglied verloren hat. Solange es die Gesundheit zuließ, flog sie mindestens einmal im Jahr an den Bodensee, erinnert sich ihre Freundin Maria Neumann. Sie förderte die Entwicklung des Karl-Maybach-Gymnasiums und stiftete den Karl-Maybach-Preis für hervorragende schulische Leistungen gepaart mit sozialem Engagement.

Noch bis Anfang 2021 ging sie regelmäßig täglich zweimal spazieren, erzählt ihr Sohn Ulrich Schmid-Maybach. „Bis zum Ende war sie geistig voll auf der Höhe.“ Am 5. November kam Grace Schmid-Maybach, das vierte Enkelkind von Irmgard Schmid-Maybach, zur Welt, 15 Tage später verstarb sie. Ihrem Wunsch gemäß wird Irmgard Schmid-Maybach im Familiengrab in Friedrichshafen ihre letzte Ruhe finden.

Artikel: Martin Hennings | Schwäbische Zeitung

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Mutter und Sohn: Irmgard Schmid-Maybach und Ulrich Schmid-Maybach. (Foto: Familie Schmid-Maybach)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                

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